Wenn ich im Coaching Klienten manchmal empfehle ein Tagebuch zu schreiben, ernte ich teils skeptische Blicke. Tagebuch-Schreiben ist das nicht eher etwas für Teenager, die Reise oder außergewöhnliche Situationen? Manch einer denkt an literarische Tagebücher, veröffentlichte Biographien bedeutender Personen oder Tagebücher als wichtige Zeitzeugen.
Ja, all das sind Tagebuch-Formen und die Geschichte und Anwendung von Tagebüchern ist umfangreich, wie der Wikipedia-Eintrag zeigt.
Auch das Tagebuch-Schreiben im Kontext von „Schmerz, Therapie, Heilung“ wird dort kurz angesprochen, bezieht sich jedoch ausschließlich auf die Verarbeitung von Krisen.
Im Coaching arbeiten wir weniger an den Problemen/Defiziten sondern mehr an den Lösungen und Potenzialen. Das Schreiben eines „Positiven“ oder Erfolgs-Tagebuchs, wie ich es verstehe und wie es in den verschiedensten Varianten von diversen Autoren in der Coaching-Literatur empfohlen wird, hat hingegen noch keinen Eingang in die Wikipedia gefunden.
Als Coach will ich von der Wirksamkeit von den eingesetzten Methoden wirklich überzeugt sein. Deshalb startete ich im September 2012 mein 100 Tage-Tagebuch-Experiment, um die Methode zu erproben.
Die Besonderheiten meines „Positiven Tagebuches“ – mit zu jedem Wochentag wechselnden Themen/Aspekten, basiert auf Ausführungen Richard Wisemans und wird in meinem Blog-Beitrag vom Oktober 2012 beschrieben.
Es hat eine Weile gedauert bis die allabendlichen Einträge in dieses Tagebuch mir zu einer festen Gewohnheit geworden sind – meine Erfahrungen dazu aus dem Januar 2013.
Heute bin ich froh, dass ich hartnäckig war und dem Projekt nach ersten Kinderkrankheiten eine neue Chance gab. Auch nach den 100 Tagen setzte ich das Tagebuch-Schreiben fort, und es ist inzwischen eine unverzichtbare Abendroutine oder ein Ritual geworden, die Notizen zu schreiben.
Durch den täglich wechselnden Fokus vermeide ich einerseits häufige Wiederholungen und „schnelle einfache Antworten“ und überlege wirklich, was mir zu dem schönen Moment, meinen Ressourcen, Dankbarkeit oder dem jeweiligen Tagesthema einfällt.
Andererseits: selbst wenn ich denke „das war heute nicht mein Tag“, fällt mir doch immer mindestens ein positiver Aspekt ein. Und im Schreibfluss gesellen sich meist noch mehrere dazu. Falls ich mal einen Tag aussetze …?
Kein Problem, der nächste Abend kommt bestimmt und ich habe noch mehr Stoff. 😉
Nach meinen eigenen Erfahrungen habe ich das Tagebuch als Selbstcoaching-Tool schon mehrfach Coaching-Kunden empfohlen.
- Vor allem Klienten, die sich im „Katastrophen-Mindfuck“ stets das Schlimmste vorstellen, erkennen durch das positive Tagebuch, dass ihre Welt doch etliche Lichtblicke enthält und die befürchteten Katastrophen ausbleiben oder nur halb so schlimm ausfallen.
- Wer sich selbst wenig zutraut, bemerkt durch die Tagebuch-Einträge, was ihm gut gelungen ist und kann so sein Selbstvertrauen Tag für Tag langsam aber nachhaltig stärken.
(Sabine Asgodom empfiehlt z.B. diese Notizen unter der bezeichnung „Happy Hour“.) - Menschen, die sich im Coaching in Veränderungsprozessen befinden und an ihren Zielen arbeiten, können über die täglich wechselnden Perspektiven mit positivem Blick ihre Fortschritte betrachten.
Und noch eine angenehme Nebenwirkung für alle Anwender:
Dieser positive Rückblick auf den Tag hat gleichzeitig etwas Beruhigendes und begünstigt einen guten Schlaf (ohne Grübeln!).
Das so einfache Tool Tagebuch-Schreiben wird als Methode von den meisten Kunden zunächst oft unterschätzt.
Oder Skeptiker befürchten, dass sie alles durch die „rosarote“ Brille sehen sollen.
Nein, Sie bleiben Realist – aber Sie sehen, auch die Lichtblick wieder.
Nach der überzeugenden eigenen Erfahrung und den positiven Kunden-Feedback kann ich das „positive Tagebuch“ als mächtiges Selbstcoaching-Tool ganz ohne negative Nebenwirkungen 😉 uneingeschränkt empfehlen.
Die einzige Hürde: anfangen, dabei bleiben und die täglichen Eintragungen als Routine in den Tagesablauf so passgenau integrieren, wie es für Sie optimal ist.
Das heißt ein bisschen experimentieren: handschriftlich oder elektronisch, an welchem Ort zu welcher Zeit …?
Aber das Ergebnis lohnt sich: Ihre Gedanken beschäftigen sich mit den positiven Aspekten Ihres Lebens.
Und den positiven Gedanken folgen positive Gefühle!
Positive Dinge als Selbsttherapie niederzuschreiben, finde ich einleuchtend. Aber es muss nicht immer ein Tagebuch sein, in welchem man diese Moment notiert. Es kann eine Mind Map sein in Form einer Tapete, die man mit Reißzwecken an einem neutralen Ort hinhängt oder ein Blog, in dem man schöne Fotos vom Alltag hochlädt.
Es gibt viele Wege, sich das Positive tagtäglich vor Augen zu halten.
Danke Frau Waldbach für die kreativen Ideen für andere „Tagebuch“-Formate wie Mindmap oder Foto-Blog. Gerade für Menschen, die vor allem visuell wahrnehmen (und das ist inzwischen die Mehrheit), sind das passende Alternativen. Jeder muss das für sich individuell passende Format finden, das ohne Aufwand schnell zur Hand ist. Alles, was zu aufwendig/umständlich ist, unterbleibt.
Ich bin eine praktische Frau und habe schon viel Lehr- und Seminarerfahrungen in meinem Leben gesammelt.
Liebe Grüße
Miriam
Ich kann ehrlich gesagt auch das „berufliche Tagebuch“ sehr empfehlen. Nicht täglich, aber monatlich halte ich fest, was in der Bibliothek ‚los war‘, was für Entwicklungen stattgefunden haben etc. – das gibt einem über die Jahre auch einen guten Überblick darüber, was man gemacht und geschafft hat. Vieles davon vergisst man nämlich einfach wieder.
Außerdem hat es noch den guten Nebeneffekt, dass man für Jahresrückblicke/-zusammenfassungen nicht so stark überlegen muss, sondern einfach nachgucken kann. Die „Bibliothekschronik“ war schon oft sehr sinnvoll und ich kann es nur weiterempfehlen!
Danke Claudia für Deine Anregung, das Tagebuch auch im beruflichen Kontext einzusetzen! Es hilft beiden: der Bibliothekarin damit sie sich erinnert, was sie alles auf die Beine gestellt hat und der Bibliothek (bei dem steigenden Rechtfertigungsdruck in Bibliotheken kann das zusätzlich eine wichtige Fundgrube für Erfolgsgeschichten sein).
Tagebuch schreiben – so etwas in der Art mache ich auch. Das hat mir schon sehr geholfen aus einer Malblockade herauszukommen.
Nur – ich schreibe am Morgen. – nicht abends.
Dadurch liegt der Fokus mehr auf der Zukunft – Was werde ich heute machen, was plane ich.
Die Erlebnisse des Vortages sind nicht mehr so präsent.
Auch ein prima Anwendungsbeispeiel fürs Tagebuch-Schreiben und viel kreativer als die übliche To-do-Liste 😉 Danke Susanne K!
Aus den Erfahrungen meiner Coaching-Tätigkeit kann ich nur zustimmen, dass Erfolgs-Tagebücher sehr hilfreich sein können. Denn sich für Erfolg zu loben, hebt die Motivation weiter an sich zu arbeiten und in der Persönlichkeitsentwicklung voranzuschreiten. Gerade im Bereich Selbstcoaching hilft ein Tagebuch objektiv persönliche Entwicklung nieder zu schreiben und sich seinen Zielen stets bewusst zu sein. Es fungiert also als kleiner Leitfaden durch die Prozesse der Entwicklung.
Danke Alexander für die Rückmeldung und Erfahrung als Coach!
Ja, das Tagebuch empfehle ich weiterhin in vielen Coachings. Und bei jedem Klienten ist die Aufgabenstellung zum Schreiben und Benennung des Buches individuell – eben passend für den jeweiligen eigenen Weg, Ziel, Lösung …