Ja, ich begleite Menschen im Coaching beim Übergang vom Beruf in den Ruhestand oder die Rente und bezeichne mich als Ruhestandscoach.
Aber mein Verständnis und Mindset für die nachberufliche Lebensphase schreit nach einem neuen Begriff.
Inhaltsverzeichnis
Wie wäre es mit Lebensphase Freiheit! – statt Rente oder Ruhestand?
Der Begriff Ruhestand
Der Lebensabschnitt „Ruhestand“ existiert erst seit einigen Generationen.
Bismarck führte zwar 1889 in Deutschland die Rente ein.
Nur erlebte kaum jemand den Renteneintritt wegen der deutlich kürzeren Lebensdauer.
Noch vor vor zwei oder drei Generationen dauerte der Ruhestand unserer Groß- oder Urgroßeltern meist nur wenige Jahre.
Wenn sie sich nach einem langen Berufsleben mit körperlich anstrengender Arbeit schließlich zur Ruhe setzten oder aufs Altenteil zurückzogen, waren sie meist verbraucht.
Ruhestand heute
Heute verabschieden wir uns als Babyboomer meist im Alter zwischen 60 und 68 vom Beruf.
Zu diesem Zeitpunkt haben wir Dank der gestiegenen Lebenserwartung und der besseren Gesundheit noch ein Viertel oder mehr unseres Lebens vor uns.
Klar, niemand weiß wie lang sein Alter tatsächlich dauern wird.
Ob es „nur“ 15 oder 30 Jahre sein werden.
Es ist definitiv zu viel Zeit, um sich ausschließlich auszuruhen und Däumchen zu drehen.
Wenn wir heute aus dem Beruf ausscheiden, erwarten wir mehr vom Leben als uns in Beige auf die Parkbank zu setzen und abzuwarten.
Und natürlich gibt es auch die Menschen, die von ihrem Arbeitgeber, aus welchen Gründen auch immer, in die (vorzeitige) Rente geschickt werden. „Manchmal kommt die Rente schneller als man denkt“ – eine stressige, psychisch äußerst herausfordernde Situation, die den Übergang vom Beruf in den Ruhestand noch zusätzlich belastet.
Nachberufliche Lebensphase
Wir sprechen über den Lebensabschnitt, unabhängig davon mit welchem Mindset und welchen Vorstellungen vom Alter wir in diese Lebensphase eintreten.
Heute können wir wählen wie wir diese Zeitspanne verbringen, ob wir Ruhe suchen und uns ins Private zurückziehen.
Oder ob wir nochmal durchstarten, unseren Lebenstraum wahr werden lassen oder einen anderen Beruf ergreifen.
Und tausend Varianten dazwischen stehen uns offen. Je nach Persönlichkeit, Veränderungsbereitschaft und Ressourcen …
Mein Beispiel – kein Ruhestand?
Nach einem längeren Gespräch mit einer berufstätigen Freundin über meinen Alltag auf Lanzarote, meine Projekte und Arbeit als Coach, fragte sie mich:
„Und das nennst Du Ruhestand?
Das ist doch eher Unruhestand!“
Ehrlich gesagt, das höre ich das häufiger in meinem Umfeld.
Ja, so wie ich diese Lebensphase lebe, ist das KEIN „Ruhe“stand.
Und das ist gut so!!!
Hm, eine Ruhestandscoachin, die gar keinen Ruhestand lebt?
Wie passt das zusammen?
Lass mich das erklären.
Für mich fühlt sich der Begriff Ruhestand in unserer Zeit nicht (mehr) stimmig an.
Ich mag ihn gar nicht!
Allerdings weiß ich keine passende Alternative.
Keinen Begriff der allgemeinverständlich und neutral ist.
Die Lebensphase am Alter 50/60 Jahre festzumachen ist auch nicht korrekt.
Einige Menschen scheiden schon mit Mitte 50 aus dem Beruf oder werden in Vorruhestand geschickt.
Andere arbeiten bis 70 oder 80.
Und ich kenne nicht wenige Selbständige, die ernsthaft planen bis ans Lebensende arbeiten zu wollen.
Die Begriffe „Unruhe-Stand“ oder „Freitätigkeit“ finde ich als Alternative zu Ruhestand und Rente nicht wirklich geeignet.
Beides suggeriert für mich das Gegenteil von Ruhe. Und die Erwartung tätig sein zu müssen.
Aber wer will sich schon in dieser Lebensphase entscheiden müssen für ausschließlich „Ruhe“ oder „Unruhe“/Beschäftigung“?
Von falschem Aktionismus – nur um Langeweile und Leere zu verdrängen – halte ich aber auch nichts.
Missverständnis Ruhestand
Auch wenn die meisten Berufstätigen irgendwann in die nachberufliche Lebensphase eintreten.
Das, was wir nach dem Ausscheiden aus dem Beruf erleben wollen, ist sehr individuell.
Die Vorstellungen variieren von
- 365 Tage Hängematte und Urlaub
- „endlich Zeit für die Familie und die Enkel“,
- eine lange Liste mit Reisezielen oder die Weltreise,
- auswandern oder eine Zeit im Ausland wohnen,
- ein Ehrenamt übernehmen,
- Haus und Garten genießen,
- etwas Neues erlernen (Sprache, Handwerk, Kochen …)
- Kakteen züchten,
- alte oder neue Hobbys in den Fokus stellen
- Durchstarten als Gründer
- Einen neuen Beruf ergreifen
- Oder alles bleibt so wie es ist – nur ohne Job …
Ich weiß nicht, welche der 12 Optionen für dich attraktiv klingen.
Für mich waren es etliche.
Punkt 2 fällt mangels Kindern/Enkeln flach.
Und bei Punkt 12 sagt meine Neugier NEIN!
Alle anderen Aspekte spielen (allerdings in sehr unterschiedlichen Prioritäten) in meiner Lebensphase Freiheit eine Rolle.
Wenn du noch keinen Plan für dein Leben nach der Arbeit hast, findest du hier Ideen für den Ruhestand: 2 Strategien für deine erfüllte Rente.
Und meine Impulse Ruhestand für Anfänger – 8 Fehler, die du vermeiden solltest.
Positive Aussichten für die nachberufliche Lebensphase
Sind das nicht herrliche Aussichten?
Wenn wir wollen, liegt vor uns DIE Lebensphase der vielfältigen Möglichkeiten und der Freiheit.
Wir haben die Freiheit zu WÄHLEN,
- ob ich kleine Veränderungen Schritt für Schritt mache oder mich komplett neu erfinde
- ob ich neue Erfahrungen suche oder alles so bleibt wie es ist
- wo ich lebe und mit wem
- ob ich mir eine neue Aufgabe suche und welche …
Sehr vieles ist möglich!
Meine Erfahrung: vom Berufsausstieg und in die Lebensphase Freiheit
Für mich war der Lebensabschnitt nach dem Beruf schon länger mit einem starken positiven Mindset verbunden.
Ich hatte eine klare „Hin-zu“-Motivation.
So habe ich inzwischen vieles in meiner Lebensphase Freiheit verwirklicht:
- Das Timing:
Den Zeitpunkt des Berufsausstiegs hatte ich selbst gewählt und mich für einen Vorruhestand entschieden (02/2019). - Wahl des Biotops:
Im Haus auf Lanzarote genieße ich Ruhe, Freiheit und das Leben in der Natur. Auswandern? Wir haben uns eher für das Leben in zwei Welten entschieden. - Werte leben:
Für mehr Freiheit und Unabhängigkeit haben wir einiges losgelassen und verändert in unserem Leben: Haus und Garten in Deutschland (stattdessen haben wir eine Mietwohnung).
Wir hätten gern ein Haustier – aber das passt – zumindest nicht zu unserem Lebensstil in zwei Welten und mit den Reisen, die derzeit nur aufgeschoben sind. - selbstgewählte Aufgaben:
Seit meiner Coachings-Ausbildung 2012 erlebe ich, dass ich das Talent habe, Menschen dabei zu unterstützen in ihre Selbstverantwortung zu kommen und ihren Weg zu finden.
Heute coache ich online und begleite Menschen auf dem Weg in die Lebensphase Freiheit. - Wissen teilen:
Meine eigene Ruhestandserfahrung ist Basis für meine aktuellen Coaching-Angebote. Mein Wissen und meine Erfahrung als Professorin und Expertin im Wissensmanagement gebe ich in Coaching & Beratung weiter z.B. an Doktoranden, angehende Professoren im Berufungsverfahren und zum Thema Wissenstransfer.
In allen Aspekten spiegelt sich der Wert Freiheit.
Lebensphase Freiheit
Den Begriff Lebensphase Freiheit habe ich erstmal nur im Privaten gebraucht, wenn ich mit Freunden und Kollegen über meine Pläne für den neuen Lebensabschnitt sprach.
Im Juli 2021 überraschte mich ein Telefonanruf der Journalistin Nicole Grün.
Spontan und unvorbereitet landeten wir in einem einstündigen Interview über Ruhestandscoaching.
Ich erklärte, warum ich das Wort Ruhestand unpassend finde und stattdessen von der Lebensphase Freiheit spreche.
Das Interview mit der Süddeutschen Zeitung vom Juli 2021 findest du auf meiner Presseseite zusammen mit aktuellen Veröffentlichungen.
Was ich unter Lebensphase Freiheit verstehe habe ich in 10 Statements im Manifest zur Lebensphase Freiheit formuliert.
Gleichzeitig bilden diese Thesen die Basis für meine Coachings … und zeigen dir, wie ich ticke!
Den besten Einblick in meine „Philosphie“, Denk- und Arbeitsweise erhält du in meinen wöchentlichen Mailings den
„Freitags-Inspirationen zur Lebensphase Freiheit“.
Inzwischen sind mehr als 100 Ausgaben davon erschienen.
Jede ein kleines Mini-Coaching, mit Fragen, Gedankenanstoß, Impuls.
Hier kannst du die „Freitags-Inspirationen zur Lebensphase Freiheit“ abonnieren.
Was bedeutet das für dich und deine Zukunft?
Nun weißt du, wie meine Lebensphase Freiheit ausschaut.
Will ich damit „Vorbild“ sein?
- Nicht in dem ich dir sage, wo es lang geht oder dass du es wie ich machen sollst.
- Ja, indem ich zeigen will, dass wir wählen können.
- Ja, weil ich weiß, dass unsere Wahl sehr individuell ist.
- Um dich zu inspirieren deine eigenen Ideen zu finden und deinen individuellen Weg zu gehen.
Denn für das Leben nach dem Beruf gibt es kein Patentrezept, das für alle Menschen passt.
Kein „one fits all“ für dein Alter!
Wenn du Interesse hast dich bei deinem Berufsausstieg begleiten zu lassen …
Im Ruhestandscoaching finden wir gemeinsam deinen Weg in die Lebensphase Freiheit!
Da wir derzeit alle noch den Begriff „Ruhestand“ verwenden, werde ich notgedrungen den Begriff weiter verwenden.
In meinen Texten aber spreche und schreibe ich von der Lebensphase Freiheit.
Bis … mir eine bessere Bezeichnung einfällt.
Hast du einen Vorschlag?
Ich bin gespannt auf deine Rückmeldungen und Ideen, schreib mir eine Mail!
Beste Grüße aus der Lebensphase Freiheit aus Lanzarote
Gudrun Behm-Steidel
(Vollständig überarbeite Fassung eines Blogartikels vom 30.03.2021)
Lebensphase Freiheit gefällt mir sehr. Was mir kommt, wenn ich über das Wort Ruhe nachdenke: in sich ruhen.
Vielleicht gibt das noch eine Idee für einen besseren Begriff, also der in-sich-ruhen… Und nee, der Stand passt dann auch nicht, zu wenig dynamisch für diese Lebensphase.
Danke für Dein Feedback, liebe Carmen! Ja, Ruhe und das „In-sich-ruhen“ gehört für mich auch zu dieser Lebensphase. Genauso wie Veränderung und Dynamik. Jeder Mensch in dieser Lebensphase kann zu jederzeit für sich wählen wieviel Ruhe oder Dynamik für ihn passt. Das nenne ich Freiheit!
Liebe Gudrun, was hältst Du von ‚Nacherwerbsphase‘ als allgemeinverständliche und neutrale Variante? Der Begriff ist auch in der Erwachsenenbildung / Bildungsforschung gebräuchlich.
Herzlichen Dank, liebe Brigitte! Ja, das ist eine mögliche Alternative für den Ruhestand. Mir persönliche wäre eine originäre Benennung lieber, die sich nicht von „dem Beruf“ oder „Erwerb“ ableitet. Nacherwerbs- oder nachberufliche Lebensphase gehen halt immer von dem „normalen“ Status Beruf oder Erwerb aus, statt die Lebensphase an sich zu beschreiben. Und unser Gehirn lenken wir mit diesen Begriffen „nach“berufliche/-erwerbs Phase eher auf den Fokus Beruf und Erwerb als Normalität. Verstehst Du was ich meine?
Liebe Gudrun, ja, teilweise. Ein Begriff, der ‚allgemeinverständlich und neutral‘ ist und gleichzeitig ‚originär‘ sein soll, klingt für mich etwas nach einem Spagat. Die Vielfalt der Lebensentwürfe und -bedingungen (mit / ohne / neben einer Berufs- oder Erwerbstätigkeit) zieht sich über die gesamte Lebensspanne hinweg. Die gängigen Lebensphasenmodelle stoßen damit an ihre Grenzen. Das macht es vermutlich auch so herausfordernd, andere, passendere Begrifflichkeiten zu finden.
Das Alter 50+/60+ zu thematisieren, fände ich jedoch gar nicht so schlecht (z. B. ‚Orientierungsphase 50+/60+‘). Im Fokus stehen dabei die Gestaltungsoptionen und Entwicklungsmöglichkeiten.
Liebe Brigitte, ja, „Spapat“ trifft es sehr gut. Wahrscheinlich ist es wirklich am besten mit den Jahresangaben zu arbeiten und es als Orientierungsphase zu kombinieren. Gute Idee!
Vielleicht können wir das ja auch bald mal wieder life diskutieren auf einem Spaziergang. Ich würde mich freuen!
Sehr gerne liebe Gudrun! Freue mich auf unseren Austausch 🙂
Machen wir!
Liebe Gudrun, ich habe den Eindruck, dass heute 2024 Deine Wortschöpfung sich in immer mehr Kreisen eingeschlichen hat und das ist toll so. Du hast einfach einen super Begriff erfunden.
Liebe Grüße Gisela
Danke liebe Gisela für Deine Rückmeldung!
Wenn meine Wortschöpfung Lebensphase Freiheit Resonanz findet und/oder zum Nachdenken anregt …
Ja, dann bin ich schon mal echt zufieden 😉
Liebe Grüße, Gudrun
Hallo liebe Gudrun,
mir gefällt der Begriff Lebensphase Freiheit auch ganz gut. Mir kommen dann aber auch Gedanken wie: ist eine Person unfrei bevor sie in Rente geht bzw. älter wird?
Das könnten wir gerne auch mal diskutieren, ist sicherlich spannend, sich das mal genauer anzusehen.
Grüße aus Berlin von Karin
Liebe Karin,
nein, mit dem Begirff Lebensphase Freiheit meine ich ncht, dass wir vorher alle „unfrei“ sind.
Aber während der Berufstätigkeit sind die meisten Erwachsenen durch Arbeit und Familie einige Verpflichtungen eingegangen, die uns in unseren Entscheidungen in unterschiedlichem Maß begrenzen.
In der nachberuflichen Lebensphase erleben viele von uns ein Gefühl von neuer Freiheit. Einge Klientinnen von mir haben das sogar mit dem Gefühl als junge Erwachsene verglichen: „viele Türen stehen mir offen“.
Im ALter von 50/60 plus sind wir jedoch individueller als als junge Erwachsene. Und auch die soziale Einbindung (Pflege der Eltern …) kann die Freiheit deutlich einschränken.
Aber vielleicht passt ein anderer Wert, den du leben willst besser, um deine Lebensphase zu benennen?
Liebe Grüße, Gudrun
Hallo Gudrun, mir gefällt der Begriff Lebensphase Freiheit sehr gut und er ist „alterslos“.
Ob jemand schon mit, 40, 50, 60+ oder erst noch später erkennt, welches Lebensmodell er oder sie leben will, spielt keine Rolle.
Selbstbestimmung, ist für mich auch ein passender Begriff und der schließt Freiheit mit ein. Ich selbst bin gerade in einer Lebenssituation, in der ich nur bedingt selbstbestimmt lebe und gerade daran arbeite, dass zu ändern.
Liebe Hendrike,
ja, „alterslos“ – da sprichst du was Wichtiges an.
Mein Traum: dass wir uns in jedem Alter unser Leben selbstbestimmt gestalten können. Und zwischen Arbeit und Leben phasenweise wechseln oder es miteinander verbinden können.
Ich wünsche dir viel Erfolg dabei mehr Selbstbestimmung in dein aktuelles Leben zu bringen!
Viele liebe Grüße, Gudrun